Mein erster Pilgerweg nach Metz!
Eins muss ich mal vorab sagen… Normalerweise bin ich keine Frühaufsteherin und habe Probleme, um diese Zeit aufzustehen…
Heute Morgen um 6 Uhr ging es los – wegen der Hitze haben wir entschieden früh zu starten.
Im Dezember, als ich an Weihnachten in der Kathedrale von Metz war, kam mir die Idee. Dort lag ein Flyer über den Jakobsweg aus. Bei einem Spaziergang um den Ökosee fragte ich einfach meine Freundin Anne, ob sie mitkommen möchte. Die Antwort war mir schon klar… Also war der Plan festgelegt, nur das Datum fehlte noch. Irgendwann Ende Mai war es dann soweit und wir hatten uns für den Start am 13. August entschieden. Da es an diesem Tag und die ganze Zeit regnete und kalt war, haben wir uns gesagt, dass es diesen Sommer wohl nicht mehr warm wird. Und wenn es also mal 21 Grad hat und kein Regen fällt, ist das doch perfekt für unsere Tour. An 33 Grad und an diese Hitze haben wir nicht gedacht.
Also starte ich ein neues Experiment: Wir brechen um 6 Uhr auf, damit wir bis mittags unser Ziel erreichen können…
Als ich dich am 14. Januar sah, erfüllt mich dein friedlicher Gesichtsausdruck mit einem tiefen Gefühl der Ruhe. Kurze Zeit später überkam mich das Gefühl, dass du jetzt irgendwie zu Hause angekommen bist.
Ich verbrachte fast zwei Wochen täglich an deinem Krankenbett. Währenddessen stiegen viele Erinnerungen in mir hoch. Es flossen zahlreiche Tränen und doch musste ich auch über eine Erinnerung innerlich schmunzeln. Ich erinnerte mich an die Bilder, die ich dir als dreijähriges Kind am Krankenbett malte; plötzlich sah ich sie wieder vor meinem inneren Auge und spürte deine Verwunderung von damals über meine Auswahl der Bild-Motive. Jahre später haben wir darüber oft gelacht.
Ich habe viel Zeit an deinem Krankenbett verbracht, besonders die letzten 5 Jahre. Deswegen war mir diese Situation sehr vertraut. Deine Krankheiten haben mich meistens sehr getroffen und ebenso oft wusste ich nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte, da ich auch sehr viel Angst hatte, besonders als Kind, dich zu verlieren. Eines Abends, während ich an deinem Bett saß, wurde mir bewusst, dass dir das Krankenhaus und das medizinische Personal eine gewisse Sicherheit boten. Ich habe viele Jahre gegen dich und die Krankheiten gekämpft, war wütend auf dich und habe dich oft verurteilt.
Doch erst jetzt erkenne ich, dass es für dich sowie es war in Ordnung war. Bitte verzeih mir – ich konnte es lange Zeit nicht akzeptieren.
Mama, unsere gemeinsame Zeit war alles andere als einfach – unsere Beziehung war von Ambivalenz geprägt. Vielleicht sind wir uns in manchen Aspekten zu ähnlich. Es gab zahlreiche Streitigkeiten und Phasen, in denen wir kein Wort miteinander gewechselt haben. Dein Trotzkopf konnte mich oft zur Verzweiflung bringen. Doch zugleich erinnere ich mich an viele schöne Momente, in denen wir herzhaft gelacht haben. In den letzten Tagen denke ich häufig darüber nach, wie schmerzhaft Liebe sein kann… eine Erkenntnis, die wir beide wohl teilen und bestätigen können.
Der starke Wille, den ich in mir trage, stammt mit Sicherheit von dir. Immer wieder hast du dich tapfer aus der Krankheit gekämpft. 1976 hattest du nur einen Herzenswunsch, den du immer wieder geäußert hast: Du wolltest meine Einschulung erleben. Du hast nicht nur das geschafft, sondern so viel mehr. Doch nun blieb dir nur noch ein Weg…
Nochmals herzlichen Dank, dass du 2024 so fest an mich geglaubt hast. Das hat mir unendlich viel Kraft gegeben. Du konntest meine Ängste und die Herausforderungen, vor denen ich stand, so gut nachvollziehen. Unsere Erfahrung mit der Erberkrankung hat uns auf eine besondere – nicht einfache – Weise verbunden – oft ohne viele Worte zu verlieren.
Besonders dankbar bin ich dir für das vergangene Vierteljahr. Endlich konnte ich mich dir öffnen und dir meine Gefühle sagen. Wir haben ausgesprochen, was zuvor unausgesprochen zwischen uns stand, und ich habe das Gefühl, dass da noch viel mehr ist – aber das Wichtigste wurde gesagt.
Der Moment, als ich dir erzählte, dass Peter und ich nach 18 Jahren heiraten, wird für mich immer unvergesslich bleiben. Dein Lächeln werde ich nie vergessen. Du schautest Pit an, wie du ihn immer nanntest, und sagtest mit einem Strahlen in den Augen: „Nun bist du mein offizieller Schwiegersohn.“ Erst am 31. Dezember habe ich wirklich nachvollziehen können, wie glücklich dich unser „offizielles Ja-zueinander“ gemacht hat.
Es ist dir nicht entgangen, wie oft ich von meiner eigenen Intuition überrascht war. Besonders deutlich wird mir das rückblickend in Bezug auf Weihnachten und deinen Geburtstag 2024, an denen ich unbedingt bei dir sein wollte. Oft haben Pit und ich die Feiertage irgendwo anders verbracht. Jetzt wissen wir beide, wie wichtig diese gemeinsamen Momente in dieser Zeit für uns waren.
Du hast sogar begonnen, dich in eurer neuen Wohnung bei Pro Seniore wohlzufühlen und sie zu akzeptieren. Es war ein harter Kampf zwischen uns beiden. Du hast in den letzten Wochen fast keine Feierlichkeit dort ausgelassen. Du bist regelrecht aufgeblüht, und die sozialen Kontakte haben dir spürbar gutgetan. Es war erleichternd für mich, ich konnte loszulassen…
Liebe Mama, die vergangene Wochen waren für mich sehr bewegend und intensiv. In mir herrscht ein Gefühlschaos aus Vergebung, Wut, Liebe und Akzeptanz.