...ein klares Ja zur Wende!

Die letzte Woche verbrachte ich, wie auch schon vor einem Jahr, am Lago Maggiore. Als wir aufbrachen, verstand ich kaum, was vor sich ging. Doch als ich in der Casa Mirtillo ankam und sofort wieder das Gefühl hatte, zuhause zu sein, wurden mir die letzten Monate erst richtig bewusst.

Bei meinem letzten Besuch – Ende 2024 – in Cannero Riviera lagen Glück und Traurigkeit eng beieinander – es war die Zeit meiner Hochzeit und gleichzeitig der Verlust meiner Mutter. Während der Anfahrt liefen mir oft die Tränen über die Wangen. Doch als ich schließlich in dem Apartment ankam, in dem ich bereits im vergangenen Jahr einige Tage verbracht hatte, kamen die Erinnerungen über mich und meinen Weg zurück.

Damals konnte ich nicht einmal meinen kleinen Trolley vom Kofferband heben – ich bin von Luxemburg aus geflogen. Längere Autofahrten waren für mich kaum möglich – als Beifahrer hingegen ging es mir besser. Auch meine Kleider passten mir immer noch nicht richtig, und mein Haar wuchs langsam nach. Ich hielt jeden Tag meine Fortschritte in Bildern fest. Ein prägender Moment war, als ich eines Morgens meine Augenbrauen nachziehen wollte und feststellen musste, dass sie binnen weniger Tage so kräftig nachgewachsen waren, dass ich es nicht mehr benötigte.

In dieser Zeit fiel es mir schwer, ausreichend und das Richtige zu essen – inzwischen habe ich fast die 8 Kilogramm, die ich verloren hatte, wieder zurückgewonnen. Es bereitet mir Freude, bei einem geselligen Abend mit Pizza mitten im Geschehen sein zu können und gemeinsam zu genießen. Körperlich fühle ich mich deutlich stabiler, was ein wunderbares Gefühl ist. Letztes Jahr habe ich überlegt, ob ich Sport mache oder mir etwas koche… es ist eine Spirale, die ich erst in der Reha verstanden habe. Das wichtigste ist die Nahrung, um Kraft zu bekommen. Mittlerweile kann ich beides, koche jeden Tag und mache meine 3 bis 5 Stunden Sport pro Woche.

Diese verstärkten Erinnerungen und Emotionen machten meinen Aufenthalt am Lago Maggiore zu einer besonderen Reise der Selbstreflexion.

Dieses Mal war alles ganz anders: Mein Cousin kam mit seiner Familie zu Besuch. Es war sozusagen mein erster Familienurlaub.

Beginnen wir aber von vorne: Oft weiß ich nicht, wo ich anfangen soll, und verfalle dann in ein Chaos der Gedanken. Heute war ein besonders schwieriger Tag für mich – ich fühle mich traurig und verzweifelt. Im Saarland nennen wir das „die Flemm“; ich würde sagen, sie ist zu gering, es ist vielmehr ein tiefes Gefühl von Hinterfragen, warum ich mich oft ganz tief innerlich verurteile und ablehne. Deshalb habe ich beschlossen, meinem Gefühl Gehör zu schenken und mir zu sagen: „Es hilft nur eins – schreibe!“ Es ist spät in der Nacht, und es spielt keine Rolle, wie viel Uhr es ist; meine Gedanken müssen einfach hinaus.

Das Schreiben hilft mir, meine aktuelle Situation zu reflektieren, meine Empfindungen zu begreifen und all die Erlebnisse zu verarbeiten. Das Schönste daran ist, dass ich damit auch anderen Freude bereiten kann. Eine Bekannte hat mir erst kürzlich gesagt, dass sie meinen Blog und meine Website förmlich „inhaliert“ hat. Das hat mich sehr geehrt…

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Juni 2024, Lago Maggiore

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Juni 2025, Lago Maggiore

Vor einem Jahr habe ich mein neues Projekt „Klar zur Wende, Segel-Retreat am Lago Maggiore“ ins Leben gerufen. Vor einem Jahr begann ich, dieses Vorhaben zu verwirklichen, und stellte den Kontakt zu Adrian von „Segeln Lago Maggiore“ her. Zufall? Meiner Meinung nach nicht. Es gibt für mich keine Zufälle, es sollte alles genau so sein. Adrian kommt aus der unmittelbaren Umgebung, praktisch aus der Nachbarschaft meiner Tante in der Pfalz. Als wir zum ersten Mal miteinander sprachen, erzählte er mir, dass sein Boot in Cannero liegt. Ich erwähnte, dass ich einige Tage am Lago verbringen würde und schlug vor, uns zu treffen. Auf die Frage, wo ich wohne, antwortete ich mit Oggebbio – nur 10 Minuten von der Marina in Cannero Riviera entfernt. Ein Treffen war somit naheliegend… Zufall?

Ich berichtete meinem Cousin von dieser Begegnung und spontan entstand die Idee, gemeinsam einen Tag auf dem Wasser zu verbringen. Unser Ziel war es, nicht motorisiert über den See zu fahren, sondern unser Wunsch war, so richtig zu Segeln. Das Wetter war traumhaft und der Wind ideal für uns, wir konnten segeln und haben es auf 7,5 kn gepackt. Ehrlich gesagt, bei 33 Grad wurde uns die achtstündige Zeit in der Sonne etwas lang, sodass wir in einer wunderschönen Bucht ein schattiges Café aufsuchten, um uns etwas zu erholen. Für mich war es ein fantastischer Tag. Adrian, als erfahrener Skipper und leidenschaftlicher Segler, gestaltete den Tag für jeden von uns so, wie wir es brauchten. Vor einem Jahr hätte ich mir niemals vorstellen können, acht Stunden zu segeln – allein das Stehen an der Pinne und das Boot zu lenken erschien mir unmöglich. Selbst im September bei unserem ersten Test-Törn wäre dies für mich unvorstellbar gewesen.

Ich bin dankbar dafür, dass ich nicht wie üblich dachte: „Ach ja, das müssen wir irgendwann mal machen“, sondern tatsächlich die Initiative ergriffen habe.

Oft zögere ich, Entscheidungen zu treffen, und die Angst vor Ablehnung sowie meine Selbstzweifel halten mich zurück. In letzter Zeit habe ich jedoch viel über mich selbst gelernt und erkannt, wie befreiend und bereichernd es ist, aktiv – aus dem Herzen heraus – zu handeln.

Es schenkt mir Kraft und innere Ruhe, eröffnet mir die positiven Facetten des Lebens und ermöglicht es mir, mich jenseits meiner eigens ernannten früheren Identität als Workaholic und Business-Frau besser kennenzulernen. Diese Identität gab mir Sicherheit und nun… 

Auf dem Cover meines Gefühlstagebuchs steht es so treffend:
„Ein Schiff, was im Hafen liegt, ist sicher vor dem Sturm. Aber dafür ist es nicht gemacht!"

Danke für die schönen gemeinsamen Tage. Die sind auf der Haben-Seite des Lebens!

Eigentlich –  ein etwas unglückliches Wort – es impliziert eine Unsicherheit, als wäre eine klare Entscheidung zwischen Ja und Nein nötig – hatten wir geplant, länger zu bleiben. Doch wenn man versucht, mit so vielen Menschen eine Reise zu organisieren, wird es zu einer echten Herausforderung, kann ich euch sagen.

Ich hatte bei all der Planung den Geburtstag eines Freundes völlig vergessen. Es handelte sich nicht um irgendeinen Geburtstag – es war sein 60. und den wollte ich natürlich nicht verpassen – zumal wir 3 Tage auf eine Fahrt ins Blauen oder auch wie er es nannte „Kaffeefahrt“ eingeladen waren. Also haben wir unseren Aufenthalt am Lago auf einen Kurztrip reduziert und uns am Donnerstag auf eine Überraschungs-Geburtstagsreise begeben.

Als ich im Mai 2024 zusagte, an dieser „Kaffeefahrt“ teilzunehmen, hatte ich keinerlei Vorstellung davon, wie diese Fahrt packen würde. Ich dachte mir nur: Selbst wenn ich nur eine Stunde auf der Feier bin, ich möchte dabei sein! Wir wussten nur, dass wir einen Tag hinfahren würden, dann die Feier stattfinden sollte und wir am nächsten Tag wieder nach Hause zurückkehren würden.

Es war ein schöner Geburtstag, an dem ich voller Begeisterung aktiv dabei sein konnte. Wisst ihr was? Ich habe tatsächlich non-stop fünf Stunden getanzt – es war wie ein Traum! Die Emotionen überwältigten nicht nur mich, sondern auch Vecchio und viele andere. Als jemand den Song „Ich liebe das Leben“ wünschte – mein Lieblingslied seit 2023 – sprang ich wie von der Tarantel gestochen von meinem Stuhl auf und ließ mich von der Musik mitreißen. Es ist erstaunlich, manchmal frage ich mich, woher ich diese Kraft nehme. Vielleicht weil ich entschieden habe, mein Leben in vollen Zügen zu leben und mich meinen Herausforderungen und meinen Emotionen zu stellen.

Vecchio erzählte mir, dass ihm die Tränen in die Augen stiegen, als er mich tanzen sah – und auch viele meiner Freunde empfinden das ähnlich. Und glaubt mir, mir ging es nicht anders… Nun fühle ich mich zwar müde, aber mein erster Termin morgen früh ist Yoga. Ich habe meinen Tagesrhythmus etwas angepasst und ziehe es vor, bei diesem Wetter morgens Sport zu treiben.

Auf meinem Weg der Heilung habe ich gelernt, dass der Schlüssel zum Glück in uns selbst liegt. Es erfordert Mut, das anzunehmen, was ist, und loszulassen, was uns belastet. Heilung ist ein dynamischer Prozess voller Inspiration und erfordert Verständnis und Liebe für sich selbst.

Ich bin nun bereit für neue Abenteuer und Erfahrungen und lasse die Selbstzweifel hinter mir.

Ein bisschen Spaß muss sein
Dann ist die Welt voll Sonnenschein …

Es ist erst heute Morgen beim Frühstück, während ich meinen Text erneut lese und meine Bilder aufmerksam betrachte, wird mir bewusst, wo ich gestanden habe und was ich erreicht habe. Dieser Prozess erfordert Zeit… Ich bin nachdenklich, und Tränen der Rührung kommen mir in die Augen. 

Wie Vecchio gerade so treffend sagte: 

„Meisje, du bist dem Teufel von der Schippe gesprungen.“