Ich liebe Häfen und das Meer, schon seit ich ein Kind bin. Damals mussten meine Eltern mich immer mit zum Hafen in Zeebrugge fahren, wenn wir Urlaub an der Nordsee in De Haan in Belgien hatten. Der Hafen war schon damals groß, aber nichts im Vergleich zu dem, was er heute ist. Ich denke, es war der Blick in die Ferne, der mich damals schon Faszinierte. Jeglicher Urlaub in den Bergen habe ich möglichst versucht zu verweigern – was nicht immer gelungen ist. Als mir das Saarland zu klein wurde und ich nach Hamburg gezogen bin, war mir anfangs gar nicht so klar was ich da gemacht hatte. Aber bald darauf merkte ich, dass mich hier meine Leidenschaft wieder gefunden hat: Hafen, Wasser, Schiffe und Boote – sowohl auf der Elbe als auch an der Alster. Ich bin damals in eine WG in Hamburg gezogen und meine erste Wohnung lag nur 10 Minuten Fußweg von der Außenalster entfernt. Die Alster oder die Elbe waren für mich wie ein zweites Zuhause und ich habe jede freie Minute, die ich hatte, dort verbracht. Ich liebte es, einfach nur spazieren zu gehen oder auf einer Bank zu sitzen und den Blick aufs Wasser zu genießen. Oder ich bin mit dem Rad rund um die Alster gefahren. Mich faszinierte vor allem das Segeln auf der Alster. Aber ich habe mir immer gedacht, dass ich mir so etwas nicht leisten kann und dass die Leute da elitär sind.

Ich habe mein ganzes Leben lang mit Sehnsucht aufs Wasser geschaut und das Treiben beobachtet, anstatt selbst mitzumachen. Dann aber, vor 15 Jahren, sollte sich alles ändern… 

Wie das Segeln mein Leben verändert hat.

Was für ein Glück! Vecchio ist ein “alter” Seemann – er war ja lange bei der Marine und hatte viele Segeltörns hinter sich. Immer wieder meinte er lachend: Frauen haben an Bord nichts zu suchen. Hmmm…. doch es sollte anders kommen. Mein erster Segelten stand an. 1 Woche segeln ab Athen in der Ägäis. Wow ja Hurra… etwas Bammel hatte ich schon, was ist wenn ich Seekrank werde oder ich mit den Leuten an Bord nicht zurecht komme.

 

Kein Problem, meine Lieblingsinsel Ägina war ja in der Nähe. Ganz einfach, dann sollten Sie mich irgendwo absetzen und ich warte dann in Ägina. Gesagt getan. Ich kam einen Tag später in Ägina an, weil ich noch einen Termin hatte. Vecchio wollte mich am Flughafen abholen – und hat es auch getan! Aber wie ich so bin rannte ich an ihm vorbei ohne ihn zu sehen und wahrzunehmen. Und er hatte sogar noch ein selbstgemaltes Schild in der Hand “Meisje”. Er hat es mir verziehen. Aber über diese Geschichte lachen wir heute immer noch.

Ich bin also wirklich auf dem Segelboot angekommen. Wie es der Zufall so will, konnten wir an dem Tag nicht auslaufen, weil es zu stürmisch war. Also erst mal in Ruhe ankommen… am nächsten Tag ging es aber endlich los. Unser Skipper legte ab und meinte nach 15 Minuten – na wer will das Ruder übernehmen? Keine Ahnung wie, aber ich stand dann sofort hinter dem Ruder. Es war immer noch etwas stürmig und die Wellen – nun ja – klein waren sie nicht. Das Gefühl mit diesem Segelboot durch die hohen Wellen, das blaue Meer, der Horizont, die Stille (bis auf die Fähren nach und von Piräus in der ersten Stunde) … dieses Gefühl spüre ich immer noch heute und es hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. 

In der ersten Nacht war mir etwas mulmig zumute. Wir lagen in der Bucht Cap Seunion unterhalb des Tempels und hatten Nachts die Wellen der Fähren nach Athen. Hmmm … Nicht nur mir war übel. Kurz meinte ich mal: “Vecchio fahr mich an Land!” Aber auch das ging vorbei. Vielleicht lag es auch am Gefühl, dass ich kein Weg zurück mehr hatte… jedenfalls legte sich mein Unwohlsein schnell wieder. 

Und das Segeln war seitdem für mich eine Art Freiheit geworden; ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr genau wo wir überall waren bei diesem Törn . Ich glaube da war Hydra und Poros noch mit drin…? Im Moment organisiere ich gerade alle Bilder , vielleicht fällt mir beim Durchsehen ja alles andere ins Auge- schließlich bin ICH ja so ein visueller Typ 🙂

Das Segeln ist eine großartige Erfahrung, die mir viel über mich selbst beigebracht hat. Vor allem im Umgang mit anderen Menschen und im Teamwork. Es gibt bestimmte Momente während eines Törns, da ist es besser ruhig zu bleiben und den Mund zu halten. Und dann gibt es wiederum Momente, in denen man klar sagen sollte, was man denkt und auch um Hilfe bitten können sollte. 

Ich bin nicht die körperlich Stärkste – das Schmunzeln der Jungs sehe ich schon, wenn ich sage „Ich helfe mal beim Wenden mit dem Vorsegel“ – aber ich finde, man sollte es trotzdem versuchen! Interessant war für mich auch die Segelsprache der Frauen an Bord: Wir 3 haben uns sofort untereinander verständigen können – was natürlich für Skipper und Jungs etwas merkwürdig war, sie konnten mit Worten wie Kabel jetzt gar nichts anfangen. Aber wir haben es einfach ignoriert – wir wussten ja Bescheid 🙂 Inzwischen gewöhne ich mich allmählich an die Segelsprache – in der ersten 5 Minuten eines Törns muss ich nochmal überlegen wo Steuerbord liegt… vielleicht liegt es auch daran, dass ich ab und zu rechts und links verwechsle 🙂 Aber es wird schon – finde ich mal 😉 Fragt Vecchio am besten nicht…

Am letzten Abend führten wir eine Feedbackrunde durch und ich sagte, dass ich mich nächste Woche für den Segelschein anmelde. Dann hat es doch 10 Jahre gedauert, bis ich ihn hatte. Aber ich war im Kurs, irgendwie nur nicht mit dem Kopf bei der Sache damals.

Ich liebe das Segeln! 

Die Freiheit und Weite sind einfach unglaublich. Man muss nur entscheiden, wohin man will und wie man mit dem Wind dorthin kommt. Natürlich gibt es immer eine gewisse Planung, aber meistens kommt es doch anders als erwartet. Man muss Vertrauen in sich selbst und in sein Team haben. Und manchmal muss man auch über Dinge hinwegsehen und Menschen so nehmen, wie sie sind – auf engstem Raum ist abgrenzen sehr wichtig. In der Marina anlegen, von Bord gehen und die Stadt genießen – mitten im Leben! 

Das ist Segeln! 

Das Segeln hat mich viel über das Leben gelehrt. Es gibt nichts Schöneres, als auf dem Wasser zu sein und den Wind in den Segeln zu spüren. Man lernt, mit den Bedingungen umzugehen und sich anzupassen. Das Leben ist wie ein Schiff – manchmal rau, manchmal ruhig. Aber wenn man die richtige Einstellung hat, kann man jede Situation meistern und das wie mein Lieblingsskipper Olaf sagt – mit seemännischer Gelassenheit!

P.S. Inzwischen habe ich während des ersten Lockdowns den SBF See gemacht – das ist eine ganz eigene Geschichte.

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